Gesunder Körper und Geist durch richtige Ernährung
Du bist, was du isst – am besten erkennt man, was einem gut tut, wenn man seinen Körper genau beobachtet.
Seit Jahren steigt die Zahl der Menschen mit Nahrungsmittelallergien oder -unverträglichkeiten an und seit Jahren rätseln Forscherinnen und Forscher über die Ursachen. Gleichzeitig gibt es aber noch ein weiteres Problem: Wie kann man eine Krankheit diagnostizieren, deren Ursache nicht ganz klar ist? Gerade bei Unverträglichkeiten ist die Spurensuche oft schwer. Die Symptome hier sind oft Blähungen, Durchfälle, Bauchschmerzen und Übelkeit. Das kann natürlich viele Ursachen haben. Diese Beschwerden sind extrem häufig, etwa die Häflte der Bevölkerung leidet irgendwann im Jahr an Verdauungsproblemen. Die Folge davon sei, dass es eine wahre Industrie an Angeboten gibt, um entsprechende Unverträglichkeiten auszutesten: Hier liegt das Geld auf der Straße. Nicht alle dieser Angebote können wirklich weiterhelfen. Wird ein positiver Befund gestellt, muss er nicht immer auch wirklich stimmen. Ein Filtern der guten Tests ist allerdings schwer, da ein positiver Befund ja keine negativen Auswirkungen auf die Betroffenen hat. Einzige Folge ist eine Ernährungsumstellung und die kann auch aus anderen Gründen immer positive Folgen haben.
Der Weg zu einer eindeutigen Diagnose bei Glutenunverträglichkeit ist oft lang. Bestimmte Bluttests (Antikörper-Befunde) können auf Zöliakie hinweisen, diese sollen zu 90 Prozent sicher sein. Bei Vorliegen eines positiven Antikörper-Befundes oder bei sonstigem Zweifel muss zur eindeutigen Diagnosestellung aber eine Gastroskopie durchgeführt werden. Eine hundertprozentige Diagnose ergibt sich nur aus einer Gewebsentnahme aus dem Dünndarm. Dabei werden kleine Gewebsproben schmerzlos aus dem obersten Dünndarmabschnitt entnommen. Diese wird im Zuge einer Magenspiegelung (Gastroskopie) gemacht. Angeboten werden auch verschiedenste Gentests, deren Aussagekraft aber auch nicht zu 100 Prozent gegeben ist.
Hilfreich ist es in jedem Fall, seinen Körper genau zu beobachten. Hat man den Verdacht auf eine Glutenunverträglichkeit, sollte man eine gewisse Zeit lang alle glutenhaltigen Nahrungsmittel aus dem Ernährungsplan streichen. Nach einer gewissen Karenz kann man versuchen, einzelne Produkte wieder in den Speiseplan zu integrieren. Helfen kann einem dabei ein Tagebuch, in dem man Nahrungsmittel und Getränke, die man zu sich nimmt, aber auch den gesundheitlichen Zustand notiert. Wichtig ist es zu wissen, dass Lebensmittel auch noch 72 Stunden nach ihrer Aufnahme Reaktionen im Körper auslösen können. Pamela J. Compart und Dana Lake haben einen Ratgeber für Eltern von Kindern mit Autismus und ADHS geschrieben. Bei diesen Krankheiten kann das Weglassen von Gluten und Casein zu wesentlichen Verbesserungen führen. „Der Goldstandard für Reaktionen auf Lebensmittel ist die Reaktion des Kindes auf das Weglassen eines Lebensmittels. Das funktioniert besser als jede Blutuntersuchung. Das Ziel der Behandlung sind nicht bessere Blutwerte. Ziel ist, dass es dem Kind besser geht“, schreiben die beiden in ihrem Buch „Kochen für Kinder mit ADHS und Autismus“. Aber auch diese Methode hat ihre Tücken: „Ein erschwerender Faktor ist, dass die Kinder eventuell auf mehr als ein bestimmtes Lebensmittel reagieren. Selbst wenn sie auf ein Lebensmittel reagieren, das weggelassen wird, können starke Reaktionen auf andere Lebensmittel die dadurch eintretende Verbesserung überdecken. Manchmal sind keine Verbesserungen erkennbar, bis noch weitere Lebensmittel vom Speiseplan gestrichen werden. Sinngemäß sagte Dr. Sidney Baker: Wenn man auf vier Nadeln sitzt und nur eine davon entfernt, verbessert sich der Komfort nur gering“, erklären die beiden Autorinnen.
Eine Laktose- oder Fruktoseunverträglichkeit stellt man vor allem über einen Atemtest fest, der wissenschaftlich fundiert und vor allem auch günstig ist. Man trinkt auf nüchternen Magen eine Testlösung (25g Laktose in warmem Wasser aufgelöst). Anschließend atmet man in definierten Abständen in ein Atem-Messgerät, das den Wasserstoff-Gehalt in der Atemluft misst. Die ganze Prozedur dauert etwa 2-3 Stunden. Wenn die Laktose nicht richtig von einem Körper verstoffwechselt wird, produzieren Bakterien im Dickdarm Wasserstoff. Dieser Wasserstoff gelangt dann über das Blut in die Atemluft und kann dort gemessen werden. Es entsteht so eine Messkurve, an der eine Laktoseintoleranz festgestellt oder aus- geschlossen werden kann. Das gleiche System gilt im Bereich der Fruktoseintoleranz.
Abseits von den körperlichen Auswirkungen, die Nahrungmittelunverträglichkeiten und Allergien haben können, beeinträchtigen sie aber auch die Psyche. Wie sehr die Bakterienzusammensetzung im Darm das Gehirn beeinflusst dringt immer mehr ins Bewusstsein.
In einigen Wochen, wenn sich der Winter verzogen hat und die unangenehme Zeit für Pollenallergiker beginnt, haben Husten, Heuschnupfen, tränende und juckende Augen Hochsaison. Was selten im Zusammenhang mit Pollenallergie genannt wird, aber bei fast jedem zweiten Betroffenen auftritt, sind Depressionen. Das haben Wissenschaftler der University of Maryland vor einigen Jahren herausgefunden. Auf was sie auch gestoßen sind: 20 Prozent aller Men- schen mit Depression haben eine Allergie.
Für den Studienautor Partam Manalai, vom Department of Psychiatry an der University of Maryland School ist es nicht verwunderlich, dass Allergien aufs Gemüt schlagen, die Wahrnehmungsfähigkeit und die Lebensqualität der Betroffenen einschränken. Man müsse sich nur vorstellen, wie es sei, wenn Allergien so stark sind, dass man nicht atmen kann, nachts nicht richtig schläft, man sich richtig fertig und unwohl fühlt, weil es sich anfühlt, als hätte man einen schweren Stein auf der Brust. Dann sei es wohl recht nor- mal, dass man anfange depressiv zu werden. Bei Allergien sei es eben nicht wie bei einer Erkältung, ein paar Tage und alles ist vorbei, erklärte der Mediziner. Im Extremfall leiden Allergiker das ganze Jahr über.
Ähnliches hat auch der Grazer Akupunkturarzt Leopold Dorfer bei Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten beobachtet: „Ich kenne Patienten, die schon über Jahre Verdauungsstörungen hatten und schon allein deswegen auch psychisch enorm belastet waren.“ Parallel könnten auch psychische Probleme, etwa Stress, krankhafte Entwicklungen auch vorantreiben. „Durch Stress verkrampfen sich die Organe, man schüttet Adrenalin aus, was die Durchblutung der Organe auf Dauer verschlechtert. Der Darm wird träge und Giftstoffe und Gase entstehen. Je mehr der Darm dadurch entzündet ist, umso mehr können auch Unverträglichkeiten und Allergien entstehen.“ Für Dorfer ist das ein Teufelskreis: „Es dauert in der Therapie oft Monate, wenn nicht sogar Jahre, um hier den Normalzustand wieder herzustellen.“
Wissenschaftlich belegt ist auch, dass eine Fruktoseintoleranz Depressionen auslösen kann. Fruktose (Fruchtzucker) ist ein Einfachzucker (Monosaccharid), den wir vor allem in Form von Obst, Obstsäften und Honig sowie als Bestandteil der Saccharose (Haushaltszucker) aufnehmen. Fruktose ist auch Bestandteil industriell verwendeter Süßmittel und Lebensmittel für Diabetiker. Wird die Unverträglichkeit nicht behandelt und dem Körper weiter Fruktose zugeführt, so hat man Symptome wie Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall. Diese Symptome können auch hier auf Dauer zu einer Verschlechterung des psychischen und sozialen Zustandes führen.
Auch biochemisch ist die Fruktoseintoleranz für mögliche Depressionen verantwortlich: Das oft als Glückshormon bezeichnete Serotonin ist unter anderem ein Neurotransmitter, der dafür verantwortlich ist, dass wir uns glücklich fühlen. Serotonin wird aus Tryptophan gebildet, einer essenziellen Aminosäure. Essenziell bedeutet, dass unser Körper diese Aminosäure nicht selbst bilden kann, sondern sie mit der Nahrung aufnehmen muss. Tryptophan bildet im Darm mit der Fruktose einen festen Komplex und kann daher bei hohen Fruktosekonzentrationen im Darm nicht in den Körper aufgenommen werden. Dadurch haben Personen mit einer Fruktoseintoleranz oft zu wenig Tryptophan und damit auch zu wenig Serotonin. Die Folge können depressive Zustände sein.
Das Fatale dabei: Der Körper weiß, dass er Tryptophan braucht, und entwickelt einen Hunger nach Süßem. Allerdings enthalten diese Lebensmittel fast alle auch sehr viel Fruchtzucker. Die Wahrscheinlichkeit, dass es so zu einer weiteren Verschlechterung der Stimmungslage kommt, ist also besonders groß.
Das Positive an der Sache: Sind die depressiven Zustände nur auf die Fruktoseintoleranz zurückzuführen, so verschwinden sie vollständig, wenn eine entsprechende zucker- und fruktosearme Diät eingehalten wird. Denn dann normalisieren sich der Tryptophanhaushalt und somit auch der Serotoninhaushalt wieder.
In einzelnen Fällen kann auch eine Histaminunverträglichkeit zu psychischen Symptomen führen. Histamin hat im Körper diverse natürliche Wirkungen, wie Abwehrreaktionen und Regulation der Magensäure. Allerdings hat ein Zuviel an Histamin im Körper negative Auswirkungen. Histamin ist der wichtigste Entzündungsstoff (Mediator) bei allergischen Erkrankungen wie Heuschnupfen und Asthma bronchiale. Der klassische Auslöser eines Nesselausschlages und spielt bei Medikamentenallergien und -unverträglichkeiten eine wichtige Rolle. Nicht so sehr das Histamin an sich ist gefährlich, sondern das Fehlen der entsprechenden Abbaumechanismen. Im gesunden Orga- nismus wird das Histamin permanent in unbedenklichen Konzentrationen durch das Enzym Diaminoxidase (DAO) in Schach gehalten, das heißt, das DAO baut im Dünndarm ständig ein Zuviel an Histamin ab. Histamin ist unter anderem als Neurotransmitter an der Regulation des Schlaf-Wach-Zyklus beteiligt. Wird der Körper mit Histamin überschwemmt, kann dies auch zu vielfältigen neurologischen Symptomen führen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, und verminderte Belastbarkeit. Auch hier kann mit der richtigen Ernährung und einer speziellen Diät gegengesteuert werden, in dem auf histaminhaltige Nahrungsmittel verzichtet wird. Zu meiden sind dabei Gärungs-, Reifungs- oder Fermentationsprodukte – dazu gehören Produkte mit Alkohol, Essig, Hefe – und vor allem Hartkäse, Tomaten, Schokolade, Nüsse, Erdbeeren sowie Geschmacksverstärker (Glutamat, Natriumglutamat). (LW2018)