Zucker: Die Dosis macht das Gift
Zucker versteckt sich in fast allen Lebensmitteln und oft verschleiern andere Namen die Tatsache, dass die Konsumenten mit dem süßen Krankmacher überschwemmt werden.
Ohne Zucker kann der Mensch nicht leben. Jede einzelne Zelle braucht Glukose, um zu funktionieren. Die meisten Menschen lieben Süßes und essen es oft und gern. Also ist doch alles bestens, wo ist das Problem? Das Problem ist, dass in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten Nahrungsmitteln immer mehr Zucker hinzugefügt wurde. Die Zuckerschwemme hat dazu geführt, dass sich unsere Essgewohnheiten dahingehend geändert haben, dass viele Menschen Speisen nur noch schmackhaft empfinden, wenn sie irgendeine Art von Zucker enthalten. Wir haben uns an die Süße derart gewöhnt, dass wir ungesüßtes Essen und Trinken als seltsam und nicht schmackhaft empfinden.
„Der Geschmack ist die wichtigste Kontrollinstanz, die der Mensch besitzt. Was nicht gut schmeckt, oder gar ekelhaft schmeckt, ist meistens auch ungesund für den Organismus. Und hier unternimmt die Industrie die größten Anstrengungen, diese körpereigene Kontrolle auszutricksen – mit künstlichen Aromen, mit Geschmacksverstärkern, mit Glutamat, mit Hefeextrakten, mit Süßstoffen und natürlich und ganz besonders mit Zucker. So werden die von der Industrie produzierten Nahrungsmittel, die eigentlich ungenießbar wären, den Leuten schmackhaft zu machen“, sagt der deutsche Industriekritiker und Bestsellerautor Hans-Ulrich Grimm.
Um Übergewicht, Fettleber und all die möglichen Folgeerkrankungen zu verringern, empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO erwachsenen Menschen, nicht mehr als 50 Gramm Zucker pro Tag zu konsumieren. Das sind zwölf Teelöffel! Noch besser wäre, so die WHO, man nähme nur die Hälfte dieser Menge zu sich. Also sechs Teelöffel oder 25 Gramm Zucker. Für den Durchschnittsösterreicher ist das sehr wenig. Zum Vergleich: 100 Gramm Bonbons enthalten durchschnittlich 97 Gramm Zucker und damit fast das Doppelte beziehungsweise Vierfache der empfohlenen Höchstdosis. 100 Gramm Gummibärchen enthalten durchschnittlich 76 Gramm und ein einziges Glas Limonade 20 Gramm. Von den von der WHO empfohlenen Werten sind die meisten Menschen also weit entfernt. Im Schnitt konsumieren wir täglich fast 100 Gramm Zucker in Form von Saccharose, Glucose, Fructose & Co.
Gesundheitsbewusste Konsumenten achten beim Einkauf auf die Zutatenliste, die auf jeder Verpackung angegeben sein muss. Darin müssen alle Zutaten eines Lebensmittels in mengenmäßig absteigender Reihenfolge angeführt werden. An erster Stelle stehen somit jene Zutaten, von denen mengenmäßig am meisten enthalten ist. Das bedeutet: Steht Zucker gleich am Anfang der Tabelle, enthält das Lebensmittel äußerst viel Zucker.
Zucker ist in fast allen Fertiggerichten und auch in Produkten enthalten, bei denen man es kaum für möglich hält. So etwa in an und für sich sauren Produkten wie Ketchup, Räucherlachs, Krenn, Senf, Saucen, Würsten, Krautsalat, Gewürzgurken oder Tiefkühlpizza. Da die gesundheitlichen Folgen der Zuckerschwemme langsam aber sicher einer breiten Öffentlichkeit bekannt werden, versucht die Lebensmittelindustrie den Zuckergehalt von Lebensmitteln zu verschleiern.
Dazu werden einem Produkt oft mehrere verschiedene Zuckerarten zugesetzt, mit dem Effekt, dass Zucker nicht mehr ganz oben auf der Liste angeführt ist und der Konsument in die Irre geführt wird, weil die verschiedenen Zuckerarten nicht addiert angegeben werden müssen. Wenn in der Zutatenliste weiter unten dann Glucosesirup oder Maltodextrin etc. aufscheinen, lesen dies nur mehr die wenigsten. Wer hat im Supermarkt schon die Zeit dafür? Dass es viele Produkte mit verstecktem Zuckergehalt am Markt gibt und es für den Konsumenten nicht immer einfach ist den Zuckergehalt diverser Erzeugnisse einzuschätzen, zeigen auch die regelmäßigen Tests des Konsumentenschutzes der Arbeiterkammer Oberösterreich.
Zucker versteckt sich auch hinter anderen Bezeichnungen wie Glucose, Dextrose, Fruchtzucker, Fructose, Saccharose, Invertzucker, Glucosesirup, Traubenzucker, Süßmolkenpulver, Laktose, Maisstärke, Molkenerzeugnis, Vollmilchpulver, Mannose, Maltose oder Maltodextrin. Auch süße Lebensmittelzutaten wie Honig oder Traubensaft sind Zuckerlieferanten. Tipp: Immer, wenn man auf der Zutatenliste einer Lebensmittelverpackung ein Wort liest, das mit den Buchstaben „-ose“ endet, handelt es sich um eine Zuckerart. (Glucose, Fructose, Saccharose).
Die Bezeichnung „ohne Zuckerzusatz“ oder „ungesüßt“ suggeriert dem Konsumenten, dass das Produkt zuckerfrei ist. Dem ist aber nicht so! Diese Floskeln sagen über den Zuckergehalt des Produkts nichts aus. Die Aussage ist nur, dass eben nicht nachgesüßt wurde, Zucker kann aber dennoch jede Menge enthalten sein, etwa in Form von Trockenfrüchten. Auch „natürliche Süße“ klingt gesund, ist es aber nicht. Wird ein Produkt mit „weniger Fett“ beworben, bedeutet das oft im Umkehrschluss mehr Zucker. Denn Zucker und Fett sind Geschmacksträger. Wenn also von dem einen weniger drin ist, muss von dem anderen mehr rein, um Geschmackseinbußen wettzumachen.
Auch vermeintlich gesunde Produkte wie Müslis und Frühstückscerealien oder Milchmischgetränke weisen häufig hohe Zuckergehalte auf. „Aber auch speziell für Kinder konzipierte Lebensmittel und Getränke zeigen in den Tests oft hohe Zuckerbeimischungen, sodass sie bereits in jungen Jahren den Geschmack auf Süßes prägen und das Risiko begünstigen können später an Karies, Adipositas und Co zu erkranken. In jedem Fall hilft nur ein kritischer Blick auf die Zutatenliste um der Zuckerfalle zu entgehen“, sagt Johann Kalliauer, Präsident der Arbeiterkammer Oberösterreich. Auch in vermeintlich gesunden Bio-Produkten findet sich oft jede Menge Zucker. Man werfe nur einen Blick auf die Verpackungen von Bio-Müslis und Bio-Frühstücksflocken für Kinder. Ein solches Frühstück übersteigt oft den von der WHO empfohlenen Tageskonsum von Kindern.
Zucker völlig aus der Ernährung zu verbannen, ist deshalb praktisch unmöglich. Eine deutliche Zuckerreduktion ist jedoch immer möglich und sinnvoll. Die Umgewöhnung auf zuckerärmere Ernährung dauert meist einige Wochen, da man an den süßen Geschmack bereits sehr stark gewöhnt ist. Nicht zuletzt weil Zucker auch einen gewissen Suchtfaktor hat. Denn er löst die Ausschüttung von sogenannten Glückshormonen aus. Essen wir Süßes, fühlen wir uns gut und wollen immer mehr davon. Hier beginnt der Teufelskreis, denn das gute Gefühl, das von Insulinspitzen im Blut begleitet wird, fällt rasch wieder ab und nur die neuerliche Zufuhr des „berauschenden“ Zuckers kann das gute Gefühl zurückbringen.
Zu Beginn einer Reduktion erlebt man das Fehlen von Zucker als Verzicht. Eine deutliche Reduktion schafft man also nur, wenn man diese auch wirklich durchziehen will. Am besten reduziert man Schritt für Schritt. Man lässt dies oder jenes weg, ersetzt ein Nahrungsmittel durch ein anderes. Nach und nach gewöhnt man sich daran, nicht ständig Süßes zu wollen und kann weiter reduzieren, bis man zu einer Zuckermenge gelangt, die einem als richtig erscheint. Mit der Zeit wird auch das Gefühl weniger, dass man auf etwas verzichten muss, denn man erfährt auch wieder die natürliche Geschmacksvielfalt unbehandelter Nahrungsmittel.
Tipps zur Zuckerreduktion
– Stark zuckerhaltige Lebensmittel meiden. Auf die Zutatenliste achten.
– Raus mit Zuckerwasser in Form von Cola, Eistee, Limonaden, Sirup und Säften und stattdessen Wasser oder Mineralwasser trinken. „Alleine mit dieser Umstellung ist sehr viel gewonnen. Trinkt man ungesüßt, vermeidet man Unmengen an sinnlosen Kalorien“, sagt Oberarzt Wolfgang Lang, Internist, Kardiologe und Diabetologe am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz.
– Keine Fertigprodukte kaufen, kein Fastfood konsumieren. Weißmehl durch Vollkorn ersetzen.
– Beim Backen weniger Zucker als im Rezept angegeben verwenden. Meistens kann man mindestens ein Drittel der empfohlenen Dosis weglassen, ohne dass es weniger gut schmeckt
– Obst kann und soll man zwar regelmäßig essen, aber in Maßen. „Man sollte nicht mehr als eine Handvoll Obst auf einmal essen, kann dies dafür mehrmals pro Tag konsumieren“, sagt Lang.
– Birkenzucker (Xylit) hat 40 Prozent weniger Kalorien wie Zucker und produziert deutlich weniger Insulin. Zudem schädigt er nicht die Zähne. Der Nachteil: Er ist wesentlich teurer als Zucker.
– Stevia hat keine Kalorien, produziert überhaupt kein Insulin und ist daher nicht schädlich.
– Honig enthält zwar auch Zucker, doch auch viele Enzyme, Vitamine und Mineralstoffe.
Die angeführten Süßmacher sind zwar gesundheitlich weniger bedenklich, besser wäre es allerdings, seine Gewohnheiten zu ändern und nicht ständig Süßes zu konsumieren.
Zucker und die gesundheitlichen Folgen
Die Dosis macht das Gift. Das gilt auch für Zucker. Ein Übermaß an Glukose wird in Fett umgewandelt und im Körper gespeichert. Die möglichen Folgen:
Leberverfettung: Hoher Zuckerkonsum führt sehr häufig zu einer Fettleber. Immer mehr junge Menschen, sogar Jugendliche haben bereits eine Fettleber. Selbst schlanke Menschen sind davon betroffen.
Übergewicht: Ein Gramm Zucker hat vier Kalorien. Zucker selbst hat keinerlei Nährstoffe, produziert also leere Energie. Zucker sättigt nicht und führt im Gegenteil dazu, dass man rasch wieder Hunger bekommt. Daher essen wir öfter und mehr und nehmen an Gewicht zu.
Bauchfett: Im gesamten Bauchraum lagert sich Fett ein, welches die Organe umschließt. Dieses sogenannte viszerale Fett ist hormonaktiv und gilt als besonders schädlich, weil es beispielsweise den Blutdruck steigen lässt.
Diabetes: Die wohl bekannteste Folge von hohem Zuckerkonsum ist Diabetes Typ 2.
Metabolisches Syndrom: Blutfette (Cholesterin und Triglyceride), Blutdruck und Blutzucker weisen zu hohe Werte. Die möglichen Folgen: Gefäßverkalkung und folgend Schlaganfall oder Herzinfarkt und Gicht.
Krebs: Der Zusammenhang von Krebs und Zuckerkonsum ist wissenschaftlich umstritten. In der Krebsnachsorge wird häufig empfohlen, Zucker weitgehend aus der Ernährung zu eliminieren. Unbestritten ist, dass Diabetes häufig mit einer Krebserkrankung einhergeht.
Gehirn: Demenz und Diabetes gehen oft einher. Der genaue Zusammenhang ist noch nicht klar.
Herz: Das Herz leidet unter einem ständigen Überkonsum von Zucker, indem das Zuviel an Glucose in Fett umgewandelt wird und dies zum Beispiel zu einer Herzmuskelschwäche führen kann.
Zähne: Zucker schädigt die Zähne.
Schmerzen: Zucker übersäuert auf Dauer den Körper, woraus sich bei Schmerzpatienten Schmerzen verstärken können. (LW2017)