Depressionsrisiko senken mit Sport
Bereits ein bis zwei Stunden Bewegung pro Woche reichen offenbar aus, um das Erkrankungsrisiko um mehr als 40 % zu senken. Auch für die positiven Effekte des Wanderns auf die Psyche gibt es Evidenz.
Die positiven Einflüsse von Bewegung auf den gesamten Organismus sind hinlänglich bekannt. Australische Forscher konnten nun aber auch bestätigen, dass Sport nicht nur eine Depression lindern, sondern auch präventiv wirken kann. Für ihre Studie begleiteten die Wissenschafter zehn Jahre lang fast 34.000 norwegische, zunächst psychisch gesunde Erwachsene.
Zu Beginn wurde die sportliche Aktivität der Probanden erfasst. Dazu zählten neben Aktivitäten, bei denen sie sich bis zur Erschöpfung verausgabten, auch jene, bei denen sie nicht oder nur mäßig ins Schwitzen kamen. Im späteren Verlauf der Studie wurde festgestellt, ob sich bei den Teilnehmern Anzeichen von Depressionen oder Angststörungen abzeichneten. Die Auswertung fiel eindeutig aus. Bei den Teilnehmern, die regelmäßig Sport trieben, konnten weitaus weniger depressionsähnliche Symptome festgestellt werden als bei jenen, die keine Bewegung machten. Auch nach Berücksichtigung bio-sozialer Faktoren blieb ein signifikanter Unterschied. Die körperliche Aktivität schien dagegen keine Auswirkung auf Angststörungen zu haben.
Die Probanden, die zu Beginn der Studie angegeben hatten, nie sportlich aktiv zu sein, hatten ein 44 % höheres Risiko, an derartigen Symptomen zu erkranken, als diejenigen, die ein bis zwei Stunden in der Woche trainierten. Bemerkenswerte Ergebnisse, da schon ein geringes Ausmaß an Bewegung ausreichte, um das Depressionsrisiko deutlich zu senken.
Früher war das gemäßigte Wandern eher der Sport für die ältere Bevölkerung. In den vergangenen Jahren gab es allerdings einen enormen Anstieg an Wanderfans in der jungen Bevölkerung. Dies nahm der Alpenverein zum Anlass, um eine Studie zu den positiven Effekten des Wanderns auf die Psyche in Auftrag zu geben. Im Rahmen der Studie in Kooperation mit der PMU Salzburg wurden die Probanden in drei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe durfte Bergwandern, die zweite auf dem Laufband trainieren und die dritte ging einer sitzenden Tätigkeit nach. Bei der ersten Gruppe konnte nach drei Stunden ein signifikanter Anstieg von besserer Stimmung und Gelassenheit registriert werden. Im Gegenzug sanken Gefühle wie Angst oder Energielosigkeit markant.
Ebenso zeigten sich in der zweiten Gruppe positive Effekte, aber kein derartig signifikanter Anstieg an positiven Gefühlen. Obwohl sich die Bergwanderer in einem ähnlichen Herzfrequenzbereich bewegten, wurde die Aktivität am Laufband als anstrengender empfunden. Die Wissenschafter erklären dies mit der Ablenkung durch die schöne Umgebung beim Bergwandern. Bestätigt wurde der positive Effekt durch Bewegung bei beiden Gruppen durch einen gesunkenen Cortisolspiegel. Wenig überraschend wurde in
der dritten Gruppe eine Verschlechterung von Stimmung und Gelassenheit beobachtet.
Auch Univ.-Prof. Prim. Dr. Reinhard Haller, Psychiater, Psychotherapeut und Neurologe, untersuchte die positive Wirkung, die Landschaften, Hügel, Berge und Wälder auf die Psyche ausüben. Bereits bewiesen ist, dass das Wandern Einfluss auf unsere Hirnabläufe, auf Stoffwechselvorgänge, auf das zentrale Nervensystem und auf die Hirnstrom-Potenziale nimmt, indem es all jene Strukturen aktiviert, in denen das Belohnungssystem zuhause ist. Beim Wandern oder einer anderen Ausdauersportart kommt es zu einem starken Anstieg von Dopamin und zur Aktivierung eines Hirnareals.
Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, dass die Wirkung des Wanderns nach 35 Minuten gleich stark ist, wie wenn man einen Menschen hypnotisiert, wenn er autogenes Training beherrscht oder sehr gut meditieren kann. Man kommt in einen entspannten, gelassenen und ruhigen Zustand.
Durch die regelmäßige und gleichmäßige Bewegung wird erreicht, dass der Mensch sich im Hier und Jetzt erfährt, dies ist auch das Ziel einer Psychotherapie. „Das Wandern hat die Funktion, den Menschen in seiner gegenwärtigen Ganzheit zu treffen. In seinem sozialen Verhalten, bei Gruppenwanderungen, bei Hüttenabenden und Bergerlebnissen, aber auch im psychischen Bereich“, erklärt Haller. (Ina Schriebl, LW2017)